Die wettbewerbsrechtliche EuGH-Entscheidung betrifft die Frage, unter welchen Umständen Arzneitees mit dem EU-Bio-Logo beworben werden dürfen.
Sachverhalt: Streit um Salbei-Arzneitee
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Klage der Firma Twardy gegen das Unternehmen SALUS. SALUS vertreibt einen als traditionelles pflanzliches Arzneimittel registrierten Salbei-Arzneitee und kennzeichnet diesen mit dem offiziellen EU-Bio-Logo. Twardy sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und forderte per Unterlassungsklage die Einstellung dieser Praxis.
Das OLG Düsseldorf legte die Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Rechtliche Bewertung der Bio-Kennzeichnung
Der Gerichtshof stellte unmissverständlich fest: Traditionelle pflanzliche Arzneimittel dürfen grundsätzlich nicht mit dem Bio-Logo vermarktet werden. Diese klare Linie begründet das Gericht mit dem Vorrang des Arzneimittelrechts vor den Bestimmungen zur ökologischen Produktion.
Arzneimittel unterliegen ausschließlich den spezialgesetzlichen Regelungen des europäischen Arzneimittelrechts. Diese zielen primär auf Sicherheit und Wirksamkeit ab und lassen keinen Raum für die parallele Anwendung der Bio-Verordnung
Das Gericht führt aus, dass Informationen über die ökologische Herstellung von Wirkstoffen in traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln nicht die Voraussetzungen für zulässige Zusatzinformationen auf Arzneimittelverpackungen erfüllen. Solche Angaben müssen für Patienten von Bedeutung sein und dürfen keinen rein werblichen Charakter haben.
Bei frei verkäuflichen Arzneitees besteht jedoch die Gefahr, dass das Bio-Logo als Kaufanreiz wirkt, ohne medizinisch relevant zu sein. Dies würde dem strengen Trennungsgebot zwischen therapeutischer Information und Werbung im Arzneimittelrecht widersprechen.
Wichtige Ausnahme
Der EuGH formuliert jedoch eine wichtige Ausnahme: Kann die zuständige Arzneimittelbehörde im Zulassungsverfahren einen nachweisbaren positiven Einfluss der ökologischen Produktion auf die therapeutischen Eigenschaften des Arzneimittels feststellen, ist eine entsprechende Kennzeichnung zulässig. Denn in diesen Fällen besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Bio-Qualität und der medizinischen Wirkung, was die Verwendung des Logos rechtfertigt.
Praktische Konsequenzen für Unternehmen
Die Verwendung des Bio-Logos erfordert entweder:
– Eine behördliche Genehmigung nach Nachweis therapeutischer Relevanz der ökologischen Herstellung,
oder
– Die Umklassifizierung des Produkts als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel
EuGH Urteil vom 30.01.2025 – Az. C-618/23 | SALUS
Quelle: EuGH Pressemitteilung 78/2025
Bei Fragen zur rechtssicheren Produktkennzeichnung oder zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen Wettbewerber stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zuständig für wettbewerbsrechtliche Fragen ist bei uns Rechtsanwalt Tim Christian Berger.