Darf IDO Verband Vertragsstrafen fordern oder liegt Rechtsmissbrauch vor?

Ein Mandant hat gegenüber dem IDO Verband e.V. im Jahr 2019 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Im Jahr 2025 nun fordert IDO die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen eines angeblichen Verstoßes unseres Mandanten gegen die Unterlassungserklärung aus dem Jahr 2019.

Wer ist IDO Verband e.V.

Der IDO Verband e.V. (Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V.) war in der Zeit von 2014 bis 2021 sehr aktiv. Der IDO Verband mahnte wettbewerbsrechtlich viele Tausend Unternehmer wettbewerbsrechtlich nach UWG ab. Neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung forderte IDO die Zahlung von „abmahnbezogenen Kosten“ in Höhe von 195 € (netto).

Der IDO Verband war nach damaligen Recht dazu befugt.

Viele Unternehmer gaben eine Unterlassungserklärung ab und zahlten den geforderten Betrag.

IDO war vor Gericht sehr erfolgreich

IDO beantragte in vielen Fällen, in denen keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Gerichte gaben einer hohen Anzahl von Anträgen statt.

Wenn ein abgemahnter Unternehmer eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte und gegen diese verstieß, klagte IDO auf Zahlung einer Vertragsstrafe, wenn der Unternehmer diese nicht freiwillig zahlte. IDO obsiegte vor vielen Landgerichten und Oberlandesgerichten.

Rechtsmissbrauch?


Im Jahr 2021 „wendete sich das Blatt“ langsam. Immer mehr Gerichte kamen zu der Überzeugung, dass für IDO nicht der faire Wettbewerb das primäre Ziel ist, sondern die Generierung von Einnahmen.

Zu einem Konsens zwischen den Gerichten hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs ist es bis heute nicht gekommen.

Gesetzesänderung des UWG – Kein Anspruch auf Unterlassung

Aufgrund einer Änderung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)  vom 02.10.2020 kann IDO nicht mehr wettbewerbsrechtlich abmahnen. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 § 8 b UWG muss ein Wirtschaftsverband hierzu in eine Liste des Bundesamts für Justiz eingetragen sein. IDO ist in dieser Liste nicht zu finden und kann daher auch keine Unterlassungsansprüche geltend machen. IDO ist nicht mehr klagebefugt.

Darf IDO trotz Gesetzesänderung Vertragsstrafen fordern?

IDO konzentriert sich mittlerweile auf die Geltendmachung von Vertragsstrafen bzgl. der abgegebenen Unterlassungserklärungen. Die Gerichte sind auch hier unterschiedlicher Meinung hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs.

Das OLG Köln erklärt in dem Urteil vom 21.06.2023 (Az. 6 U 147/22) unter anderem:

Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe war jedoch rechtsmissbräuchlich, weil eine Gesamtabwägung der vom Beklagen vorgetragenen und vom Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht bestrittenen Indizien dafür sprechen, dass der Kläger vorwiegend zu wettbewerbsfremden Zwecken und daher rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB gehandelt hat

Das OLG Celle erklärt in einem Urteil vom 25.02.2025 (Az. 13 U 4/22) unter anderem:

Die vom Beklagten vorgetragenen Indizien rechtfertigen nach der vom Senat vorgenommenen Gesamtabwägung die Annahme, dass sowohl die ursprüngliche Abmahnung als auch die Geltendmachung einer Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich waren.

In einem Beschluss des OLG Rostock (Beschluss vom 21.12.2022  Az. 2 U 26/22) heißt es:

Die von dem Beklagten erklärte und auf § 123 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtung ist wirksam, sodass der Vertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB jedenfalls als nichtig – soweit dieser überhaupt je wirksam zustande gekommen war (vgl. insoweit Ziff. 2 dieses Beschlusses) – anzusehen und damit die Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Vertragsstrafenanspruchs im Ergebnis entfallen ist.
(Anmerkung: Die Anfechtung eines Vertrags bzw. einer Unterlassungserklärung ist nach § 123 Abs. BGB bei einer arglistigen Täuschung wirksam. Eine arglistige Täuschung ist rechtsmissbräuchlich.)

Der BGH hat in einem Urteil aus dem Jahr 2023 (Urteil vom 26.01.2023 – Az. I ZR 111/22) einen Rechtsmissbrauch verneint. Nach Ansicht des BGH stand IDO in diesem Fall ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zu.

Die Urteilsbegründung spricht allerdings dafür, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht ausreichend vorgetragen hat und der BGH auch zu einem anderen Urteil hätte finden können. 

Wie geht es weiter?

Es gibt zahlreiche Klagen des IDO, die noch nicht entschieden sind. Wir werden weiter aktuell darüber berichten, wie sich die Rechtsprechung bzgl. der Frage des Rechtsmissbrauchs entwickelt und wie es in unserem neusten „IDO-Fall“ weitergeht.

Beratung/Vertretung

Wir haben bereits viele Mandanten erfolgreich gegen IDO vertreten.

Sollte der IDO Verband e.V. auch von Ihnen die Zahlung einer Vertragsstrafe fordern, können Sie sich gerne bei uns melden.

Die Erstberatung ist kostenfrei. Kontaktieren Rechtsanwalt Tim Berger per berger@renner-morbach.de oder +49 221 27 22 55 65.

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