Urteil Amtsgericht Köln: Vor der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht getätigte Aussagen können nicht in einem separaten Ehrschutzprozess angegriffen werden.
Der Fall:
Eine von uns vertretene Frau hatte in einem Strafverfahren über den Angeklagten unter anderem Folgendes behauptet:
„(…) Er ist weitergefahren. Er ist durchgehend auf mich zu gefahren. Meine Mutter hat mich gezogen und er ist weggefahren. Ich wäre am Scheinwerfer links aufgeprallt und das frontal, wäre ich nicht an die Seite gezogen worden. (…)“
Das wollte dieser Mann nicht so stehen lassen, ließ unsere Mandantin anwaltlich abmahnen und forderte sie unter anderem zur Unterlassung der Äußerungen auf. Wir rieten unserer Mandantin, keine Unterlassungserklärung abzugeben und die geltend gemachten Ansprüche vollständig zurückzuweisen.
Daraufhin erhob der Mann Klage vor dem Amtsgericht Köln und forderte von unserer Mandantin Unterlassung, Schadensersatzfeststellung und Zahlung seiner Rechtsanwaltskosten.
Wir begründeten den Antrag auf Klageabweisung damit, dass der von unserer Mandantin geäußerte Sachverhalt nicht nur auch wahr sei, sondern für eine Klage vorliegend kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Da die hier interessierenden streitgegenständlichen Äußerungen von unserer Mandantin ausschließlich in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungs- und gerichtlichen Strafverfahren getätigt wurden, seien diese Äußerung einer anderweitigen gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Es handele sich um sog. „privilegierte Äußerungen“. Hinter diesen „privilegierten Äußerungen“ steht die Idee, dass die Parteien in einem Gerichtsverfahren grundsätzlich alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, könne allein in dem in seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden.
Das Ergebnis:
Das Amtsgericht Köln schloss sich unserer Rechtsauffassung an (Urteil vom 30.04.2025, Az. 144 C 661/24 – nicht rechtskräftig) und urteilte: „Die Klage ist unzulässig.“ Der Zulässigkeit der Klage stehe der Mangel eines Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Bei den ausschließlich in den Ermittlungs- und Strafverfahren mitgeteilten Informationen handele es sich um sog. „privilegierte Äußerungen“, welche nicht aus diesen Verfahren extrahiert und in einem gesonderten Verfahren angegriffen werden können. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt und m.w.N. bei BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 – VI ZR 79/11 –, juris: Rn. 9) fehle es für Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen Vorbereitung dienen, in aller Regel an einem Rechtsschutzbedürfnis. Davon könne vorliegend auch keine Ausnahme gemacht werden, so die Kölner Amtsrichterin. Denn der Bundesgerichtshof stelle an eine ausnahmsweise Zulässigkeit der separierten weiteren gerichtlichen Überprüfung von Aussagen aus Ermittlungs- und Strafverfahren hohe Anforderungen: Das Gericht müsste davon überzeugt sein, dass es sich in Bezug auf diese Äußerungen offensichtlich um bewusst unwahre Tatsachen handele. Doch dafür sah die Richterin auch nach Durchsicht der von ihr beigezogenen Strafakten keine Anhaltspunkte.
Fazit: Hier ist es dem Kläger zum Verhängnis geworden, dass er nicht ausreichend bedacht hat, dass die ihn belastenden Aussagen unserer Mandantin nicht öffentlich getätigt worden sind, sondern in einem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren. Aus guten Gründen kann man aber solche Äußerungen nicht ohne Weiteres verbieten lassen. Denn in diesem geschützten Raum soll grundsätzlich alles gesagt werden dürfen.
Das Äußerungsrecht ist eine Spezialmaterie. Hier macht es folglich Sinn, sich fachanwaltlich beraten und vertreten zu lassen.
RA Burkhard Renner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, RENNER MORBACH Rechtsanwälte